Obwohl ich es besser wusste, kämpfte ich gegen die brennenden Fesseln an, die mich auf dem Altar hielten und sich wegen meiner Gegenwehr mit jeder Sekunde weiter in meine Haut rieben. In unablässigen Rinnsalen tropfte mir Schweiß über den Körper, da ich die Muskeln anspannte, bis sie zu zerreißen drohten. Doch die Seile aus Dämonenhaar gaben nicht einen Inch nach, denn allein die Dämonin Chara konnte die dämlichen Dinger lösen. Runen glitzerten auf ihnen und unter anderen – weniger beschissenen Umständen – hätte ich die kunstvoll geschlungenen Stränge durchaus bewundert.
Chara betrachtete meine vergeblichen Bemühungen und ein hartes Lächeln umspielte ihre Lippen, die alles von ihrer Weichheit verloren hatten. Hass loderte in dem fein geschnittenen Gesicht auf, den sie auf mich richtete, bis er sich wie Säure in mein Fleisch fraß. Vor dieser erbärmlichen Situation hätte ich abgestritten, dass er mich in irgendeiner Weise aufwühlen könnte. Aber so wie es aussah, schlug mein Herz in einem grotesken Takt, der mir durch den Körper vibrierte. Da ich wusste, dass es sinnlos war auf sie einzureden, unterließ ich es. Kein Flehen meinerseits besaß die Macht, sie von ihrem Werk an mir abzuhalten. Noch zeigte sich mein Stolz zwar nicht von seiner besten Seite, aber zumindest hatte er sich nicht ganz verpisst.
„Spar dir die Mühe, Jäger der Mitternacht.“ Ihre Stimme konnte durchaus wie Nektar über einen fließen, jetzt hakte sie sich überall in mir fest und trug zu meinem ohnehin gewaltigen Missbehagen bei.
Chara fuhr mit einem langen Fingernagel über meinen Schenkel und hinterließ eine blutige Spur. Schweratmend leckte sie an dem Finger entlang.
Na, komm schon, verlier die Nerven!
Sie beugte sich hinab und ihre Zunge verkohlte mein Fleisch, bis sie beinahe mein Geschlecht berührte. Für einen Moment befürchtete und sehnte ich zur selben Zeit herbei, dass sie ihrem Zorn nachgeben würde. Dann wäre es vorbei mit mir. Ich meine, ein großer Verlust wäre mein Ableben schon, aber irgendeinen Preis musste ich zahlen. Ihre türkisfarbenen Augen loderten und hinter der Feindseligkeit sah ich einen Schatten entsetzlichen Schmerzes, der sich in meine Seele vorarbeitete, da ich für ihre Qual die Verantwortung trug.
„Unsere Verbundenheit währt ewig, Söldner. Leiden wird von nun an ein Teil deiner Existenz. Du wirst dir wünschen, ich hätte dich nur getötet.“
Sogar jetzt lauschte ich dem Nachklang der ausgewogenen Stimme, während mich immer mehr die Überzeugung plagte, dass ich nicht wissen wollte, was genau sie mit mir vorhatte. Sie wirkte bereit, zuzuschlagen, aber wie sie bereits verkündet hatte, wäre mein schneller Tod unwürdig, um ihren Rachedurst zu stillen. Gnade war das Letzte, wonach ihr der Sinn stand.
Hilflos sah ich grünen Rauch aus ihren Fingerspitzen quellen, der den Weg zu meinem nackten Leib fand, mich bedeckte und jegliche Wärme aus meinem Fleisch saugte. Der Knebel erstickte die Schreie, denn zu meiner Schande gellten sie mir in den Ohren, während meine Haut ungerührt den Dunst absorbierte. Unnachgiebig nahm er von mir Besitz, hinterließ Leere und Angst, bis er mein Inneres erreichte, mein Blut besudelte, meine Knochen mit einem Schleim überzog und mein Herz mit Gift tränkte.
Das Schimmern hörte nach wenigen Wimpernschlägen auf. Äußerlich blieb nichts von dem Fluch übrig, jedoch spürte ich, wie sich das Wüten ausbreitete, meinen Körper und Verstand übernahm. Zuerst still, mehr ein kühles und sanftes Wispern, darauf lauernd, seine ganze schreckliche Kraft zu entfalten.
„Bis in die Ewigkeit, Sohn der Lugus.“ Die Dämonin verschwand in der Nacht, lediglich der Geruch nach Lilien verblieb in der frostigen Luft.
Nach einigen Augenblicken ließen mich die Seile aus ihrer Umklammerung. Ich krümmte mich zusammen, da eine Gier in mir aufbrandete, die alles, was mich jemals gepeinigt hatte, weit in den Schatten stellte. Hunger fiel mich an, ungewohnt schrill, fordernd, alles andere auslöschend. Ich konnte ihm nicht standhalten. Halt suchend stützte ich mich an dem Altar ab. Das Wispern wandelte sich zu einem Tosen, eisig, grausam und riss mich fort, sodass ich auf die Jagd ging,
Ich schlich durch die Nacht auf ein Dorf zu, wobei mein neuer innerlicher Freund mir den Weg wies, da er die Frau witterte, ihren betörenden Duft, der meinen Widerstand pulverisierte. Die Bestie würde erst Ruhe geben, wenn sie ihren qualvollen Appetit an ihr stillen konnte. Zielgerichtet lenkte sie mich auf das Haus zu und lautlos stieß ich das Fenster ganz auf, das die Frau einen Spalt offengelassen hatte, um die kühlere Nachtluft hereinzulassen, die eine willkommene Linderung zu der Hitze des Tages bot.
Ich erhaschte einen Blick auf mich, als ich in dem Schlafzimmer meines ersten Opfers stand und mich in einem Kerzenständer spiegelte. Reines Silber ersetzte das Blau meiner Augen und ich richtete es auf sie, da ich wollte, dass sie mich anstarrte. Eine derartig gewaltige Angst würde ihren Geschmack aufs Köstlichste erhöhen. Natürlich keuchte sie auf, doch ehe sie schreien konnte, presste ich meine Hand auf ihren Mund. Es gab keinen Ausweg, weder für sie noch für mich. Fast zärtlich zog ich sie aus dem Bett, bevor ich ihr Gewand zerriss, sie fesselte und knebelte, ich meine Gier an ihrem Schmerz stillen konnte, bis schlussendlich die Bestie sich in mir zur Ruhe legte, darauf wartend, das nächste Mal zu erwachen.