Meine Stunden mit Leo, mit Emma Thompson und Daryl McCormack
Worum geht’s?
Nancy (Emma Thompson), eine pensionierte Lehrerin, ist seit zwei Jahren Witwe und hat ein enttäuschendes Sexleben hinter sich. Sie hatte noch nie einen Orgasmus und will dies nachholen. Daher bucht sie Leo (Daryl McCormack), einen männlichen, jungen, gutaussehenden Escort, der ihr dazu verhelfen soll. Sie hat sogar eine Bucket-List aufgeschrieben, mit allen Dingen, die sie noch ausprobieren möchte.
Sie stellt sich die ganze Sache einfach vor, doch es ist nie einfach über den eigenen Schatten zu springen, sogar wenn man dazu die Hilfe von einem sehr einfühlsamen Mann bekommt. Und das ist Leo, trotz seines jungen Alters. Ein Liebhaber, wie er eigentlich selbstverständlich sein sollte.
Und mit diesem Wort würde ich den Film beschreiben, wenn ich nur eines zur Verfügung hätte: einfühlsam.
Leo hat es ziemlich schwer, die Barrieren seiner leicht neurotischen Kundin zu überwinden, die sich in ihrer Ehe nie fallenlassen konnte. Sie hatte das Sexleben, wie es leider in vielen Filmen und auch in Romanen dargestellt wird: Der Mann penetriert die Frau im Glauben, dies wäre ebenso erfüllend für sie wie für ihn.
Leo versucht sich langsam an sie heranzutasten, damit er Nancy schenken kann, was sie noch nie erlebt hat. Er ist kein ausgebeuteter Callboy, sondern erledigt seinen „Job“ mit Hingabe, was man der Filmfigur auch abnimmt. Natürlich hat er mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen.
Die beiden Schauspieler liefern ein sehr intensives Kammerspiel und sind hervorragend in ihren Rollen. Die Konstellation junger Mann – ältere Frau kommt so gut wie nie in Filmen / Romanen vor und auch die Lust von Frauen, jenseits der 40, wird selten thematisiert.
Das Bild des Frauenkörpers in unseren Köpfen ist ein straffes, fettloses, perfektes Ideal. Faltenlos mit Stehbrüsten, einem Körper, dem man seine Jahre nicht ansieht. Filme wie dieser können unsere Denkweise ändern und die Sichtweise auf ein völlig verdrehtes Schönheitsideal.
Wer einen pornographischen Film erwartet, wird enttäuscht werden. Zwar ist Erotik das Thema in „Meine Stunden mit Leo“, aber sie spielt sich hauptsächlich in Worten ab.
Zum Schluss sieht man Nancy ganz nackt und das ist eine wirklich berührende und auch mutige Szene.
Ich wünsche mir mehr solche Filme. Rollen, die mit unterschiedlichen Körpertypen besetzt werden, sodass wir irgendwann jeden Körper als „normal“ ansehen.
Ich empfehle den Film gern weiter, ein Film, der länger bei einem bleibt.
